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Freiwilligen-Jobs: Freiwilligenarbeit im Ausland als Arbeitsmarkt

Mehr Sinn ist in! Der Wunsch nach sinnhafter Arbeit in Unternehmen oder Non-Profit-Organisationen, die der Gesellschaft als Ganzes nützen, ist ein anhaltender Trend in der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts. Ebenso ist in der Reisebranche die Nachfrage nach authentischen Erlebnissen und fairen Beziehungen zu den Gastgebern ein gewichtiger Faktor. An der Schnittstelle dieser beiden Phänomene liegt der Nischen-Arbeitsmarkt internationaler Freiwilligen-Organisationen, die es Personen ohne besondere Qualifikationen ermöglichen, sich im Ausland zu engagieren. Hier gehen wir der Frage nach, wie und wo man bezahlte Jobs im Bereich Freiwilligenarbeit und Freiwilligendienste im Ausland finden kann.

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Ausgezeichnet von stellenonline.de

Dieser Artikel erschien zunächst als Gastbeitrag auf dem Alumniportal Deutschland der deutschen  Bundesregierung.

Inhalt

Freiwilligenarbeit im Ausland – kein Massenphänomen, aber doch großes Interesse

Internationale Studien sehen bis zu 0,2 Prozent des weltweiten Reiseaufkommens im Zusammenhang mit Volunteering. Auch wenn es sich bei Freiwilligenarbeit im Ausland also um kein wirkliches Massenphänomen handelt, sind doch jährlich 1,2 Millionen Menschen unterwegs, deren Engagement organisiert und betreut werden will. Seit den 90er-Jahren gründeten sich rund um den Globus einige tausend Freiwilligenorganisationen, die interessante Arbeitgeber darstellen können.

In Deutschland nutzen nach unseren Schätzungen jährlich 20-30.000 Deutsche einen Auslandsaufenthalt, um sich ehrenamtlich für einen begrenzten Zeitraum in sozialen, ökologischen oder kulturellen Projekten in aller Welt zu engagieren. Freiwilligenarbeit im Ausland – das kann ein Einsatz als Hilfslehrer im Englischunterricht an einer Schule in Thailand sein, die Mitarbeit in einem Meeresschildkröten-Projekt in Griechenland oder auch Nachmittagsbetreuung für Kinder in einem südafrikanischen Township.

Was ist Freiwilligenarbeit im Ausland?

Was ist der Unterschied zwischen Freiwilligenarbeit und Entwicklungszusammenarbeit? Diese Abgrenzung ist wichtig, um die Bedürfnisse der potenziellen Arbeitgeber und die Anforderungen an Bewerberinnen und Bewerber zu verstehen.

In der Entwicklungszusammenarbeit geben Experten ihr Fachwissen in Entwicklungs- und Schwellenländern weiter. An diese Fachkräfte werden hohe Anforderungen in Bezug auf Berufserfahrung und interkulturelle Kompetenz gestellt. Arbeitgeber in diesem Bereich suchen deswegen Mitarbeiter, die auf die Organisation des Wissenstransfers und die Arbeit mit hochqualifizierten Fachkräften spezialisiert sind.

Wenn du selbst Entwicklungshelfer werden möchtest (auch wenn es diesen Beruf eigentlich nicht gibt), erklärt dir unser Artikel „Entwicklungshelfer werden„, wie dir ein flexibles Freiwilligen-Projekt dabei helfen kann.

Im Gegensatz dazu sind Freiwillige meistens junge Leute zwischen 16 und 30 Jahren, die noch auf der Schule, in der Ausbildung oder im Studium sind. Bei ihnen stehen Mitanpacken für eine gute Sache, globales Lernen und auch der Wunsch, das Gastland abseits der normalen Touristenströme kennenzulernen, im Vordergrund. Deswegen sind auch die Ansprüche der Freiwilligenorganisationen an ihre Angestellten von der Zusammenarbeit mit jungen Menschen geprägt.

Was ist der Unterschied zwischen flexibler Freiwilligenarbeit und geregelten Freiwilligendiensten?

Die Kosten, die bei der Organisation solcher Freiwilligenprogramme entstehen, übernehmen bei der flexiblen Freiwilligenarbeit in der Regel die Freiwilligen selbst. Konkret bedeutet das, dass die Freiwilligen einen Teilnahmebeitrag an die durchführende Organisation zahlen.

In Deutschland gibt es darüber hinaus noch den Sonderfall der geregelten Freiwilligendienste. Dazu gehören weltwärts, der Internationale Jugendfreiwilligendienst (IJFD), der Europäische Freiwilligendienst (EFD) oder kulturweit. Über diese Förderprogramme gehen jährlich mehr als 6.500 deutsche Freiwillige ins Ausland. Hier werden die Kosten weitgehend über öffentliche Zuschüsse abgedeckt – im Gegenzug müssen die Freiwilligen sich für einen längeren Zeitraum verpflichten und ein Bewerbungsverfahren durchlaufen.

Neben solchen spezialisierten Freiwilligenarbeitsangeboten gibt es außerdem eine wachsende Zahl von Reiseveranstaltern, die in unterschiedlicher Form die Mitarbeit in karitativen Projekten in ihre touristischen Angebote einbauen.

Wer sind die potenziellen Arbeitgeber?

Spezialisten für Freiwilligenarbeit gibt es in den Herkunftsländern der Freiwilligen wie Deutschland, Österreich oder der Schweiz, aber auch den Zielländern, in denen die Freiwilligenarbeit stattfindet. Meist handelt es sich dabei um kleine Strukturen, die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigen. Größere Organisationen mit mehreren Dutzend oder sogar mehr als hundert Angestellten sind die Ausnahme.

Im Rahmen eines einzigen Freiwilligenprogramms können dabei bis zu drei verschiedene Organisationen zusammenarbeiten:

  • Entsendeorganisationen
  • Empfangsorganisationen
  • Aufnahmeprojekte

Im Rahmen geregelter Freiwilligendienste sind sowohl Entsende- als auch Empfangsorganisation immer gemeinnützige Vereine, denn nur diese können von der öffentlichen Hand Zuschüsse beantragen. Ehrenamtliches Engagement oder Erfahrung in der Vereinsarbeit sind hier in Bewerbungen gern gesehen.

Bei der flexiblen Freiwilligenarbeit gibt es ebenfalls Vereine, aber auch einen großen Anteil an Unternehmen, sowohl bei Entsende- als auch Empfangsorganisationen. Da diese Unternehmen sich nur über die Teilnahmebeiträge der Freiwilligen finanzieren, ist bei ihnen die Kundenorientierung meist stärker ausgeprägt als bei den Vereinen. Personen, die bereits in der Privatwirtschaft ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt haben, Kundenwünsche zu erfüllen, haben hier gute Karten.

Entsendeorganisationen als Arbeitgeber

Eine Entsendeorganisation steht vor der Abreise in Kontakt mit den Freiwilligen. Sie informiert über das Angebot, beantwortet Fragen und wickelt das Anmeldeverfahren (flexible Freiwilligenarbeit) oder das Bewerbungsverfahren (bei geregelten Freiwilligendiensten) ab. Darüber hinaus wählt sie die Partner in den Zielländern aus (Empfangsorganisation und/oder Aufnahmeprojekt), setzt Qualitätsstandards und kümmert sich bei geregelten Freiwilligendiensten um Vorbereitungsseminare und die Bezuschussung der Stellen.

Traditionell haben Entsendeorganisationen ihre Büros in Industrieländern wie Deutschland, Großbritannien, Australien oder den USA, es gibt aber auch immer mehr Entsendeorganisationen, die ihren Sitz in Entwicklungs- oder Schwellenländern haben.

Stellenanzeigen aus der Freiwilligenbranche in Deutschland findet man zum Beispiel in Job-Börsen, die auf nachhaltige Entwicklung und Berufe mit Sinn spezialisiert sind, beispielsweise epojobs.degreenjobs.de oder auch goodjobs.eu. International gehört idealist.org zu den erfolgversprechendsten Stellenbörsen.

Die Zahl der Stellen ist insgesamt aber eher gering. Darüber hinaus sollten Bewerber auf den Stellenbörsen besonders auf den erwähnten Unterschied zwischen Freiwilligenarbeit und Fachkräften in der Entwicklungszusammenarbeit achten.

Ein wichtiges Einstellungskriterium bei den Entsendeorganisationen ist Auslandserfahrung, idealerweise in einem der Zielländer, in der die Organisation Freiwilligenprogramme anbietet, und noch besser als Volunteer. Wer selbst bereits in der Haut eines Freiwilligen gesteckt hat, kennt deren Bedürfnisse ohne lange Einarbeitung und kann dies effizient in seine Arbeit einfließen lassen. Nicht selten stellen Entsendeorganisation sogar ihre eigenen ehemaligen Freiwilligen ein, die bereits die Abläufe vor Ort kennen. Der Erfahrungsbericht von Martina Käser, die als Freiwillige anfing und heute das Büro einer Freiwilligen-Organisation in Mexiko leitet, illustriert sehr anschaulich diesen Werdegang.

Empfangsorganisationen und Aufnahmeprojekte als Arbeitgeber

Vor Ort in den Zielländern ist häufig eine Empfangsorganisation der Ansprechpartner für die Freiwilligen. Sie organisiert die Logistik um die eigentliche Freiwilligenarbeit herum (zum Beispiel Flughafentransfer oder Unterbringung und Verpflegung), wählt die Aufnahmeprojekte aus und stellt die Qualitätskontrolle der Projekte sicher. Im Zeitalter des Internets gibt es auch immer mehr Organisationen in Übersee, die die Entsendeorganisationen umgehen und direkt über ihre Webseite mit den Interessierten kommunizieren.

Und schließlich gibt es die Aufnahmeprojekte, die den eigentlichen Arbeitsort der Freiwilligen darstellen. Nur selten betreiben Entsende- oder Empfangsorganisationen ihre eigenen Projekte. Meist arbeiten sie mit Schulen, Kindergärten, NGOs, Naturschutzgebieten und ähnlichen Strukturen zusammen, die die fachliche Betreuung der Freiwilligen im Arbeitsalltag übernehmen. Als potenzielle Arbeitgeber sind vor allem diejenigen Aufnahmeprojekte relevant, die eine größere Anzahl an Freiwillige einsetzen. Meist sind das Naturschutz- oder Tierschutzprojekte.

Stellenangebote bei Freiwilligenorganisationen im Ausland zu finden ist ebenfalls nicht einfach, da es keine spezialisierten Jobbörsen gibt, auf der man die Jobs gesammelt finden könnte. Trotz der damit verbundenen Mühen ist es am erfolgversprechendsten, im Internet nach Volunteering-Angeboten in einem spezifischen Land zu suchen (mit Suchbegriffen wie „Volunteer Ghana“), darüber Entsende- oder Empfangsorganisationen zu identifizieren und dann Initiativbewerbungen zu schreiben.

In den Zielländern können Deutschland-Alumni bei Bewerbungen ihre Kenntnis über die westliche Kultur im Allgemeinen und die deutsche Kultur im Besonderen ausspielen. Die kulturellen Unterschiede zwischen den Herkunftsländern der Freiwilligen und beliebten Zielländern wie Indien, Kenia oder Guatemala sind zum Teil immens. Das kann schnell zu Missverständnissen und Konflikten zwischen Freiwilligen und Aufnahmeprojekte führen.

Gerade Volunteers, die für ihr Freiwilligenprogramm einen Teilnahmebetrag bezahlt haben, stellen Ansprüche an Unterkunft und Verpflegung, aber auch die Sinnhaftigkeit der Arbeit im Projekt oder die Zuverlässigkeit von Absprachen. Diese werden nicht immer von den einheimischen Mitarbeitern verstanden oder antizipiert. Deutschland-Alumni können in solchen Fällen Vermittler zwischen den Kulturkreisen sein und über den Erfolg oder Misserfolg der Freiwilligenprogramme mitentscheiden.

Zu den beliebtesten Zielländern für Freiwillige, wo es der Nachfrage entsprechend die meisten Empfangsorganisationen gibt, gehören:

  • Afrika: Südafrika, Tansania, Ghana
  • Asien: Indien, Indonesien, Nepal, Südostasien (Kambodscha, Laos, Thailand, Vietnam)
  • Australien / Ozeanien: Australien, Fidschi
  • Lateinamerika: Chile, Costa Rica, Ecuador, Mexiko, Peru

Welche Berufsbilder gibt es?

Je nachdem, ob man eher in der Entsendeorganisation oder in einer Empfangsorganisation arbeiten möchte, werden unterschiedliche Kompetenzen erwartet. Auch gibt es natürlich viele unterschiedliche Berufsbilder und Tätigkeitsprofile. Da es sich bei den Arbeitgebern meist um kleine Organisationen handelt, sind Kenntnisse in mehreren Fachbereichen von Vorteil.

Entsendeorganisationen weltweit

Berufsbilder mit erwünschten Kompetenzen

Geschäftsführer

  • Führungserfahrung
  • Managementkompetenzen

Freiwilligen-Berater

  • Kommunikationstalent
  • Verkaufserfahrung

Projektmanager

  • Logistik des Freiwilligenprogramms
  • Qualitätskontrolle

Kommunikationsexperten

  • Redaktion
  • Online-Marketing

Bei Trägerorganisationen geregelter Freiwilligendienste:

  • Antragsstellung und -abwicklung
  • Personalkompetenz für das Bewerbungsverfahren

Sprachkenntnisse

  • Deutsch (auf Muttersprachlerniveau), wenn Deutsche als Freiwillige angesprochen werden sollen
  • Gegebenenfalls die Muttersprache anderer Länder, in denen Freiwillige gewonnen werden sollen
  • Sehr gutes bis fließendes Englisch für die Kommunikation mit den Partnern in den Zielländern

Empfangsorganisationen oder Aufnahmeprojekte im Zielland

Berufsbilder

Geschäftsführer

  • Führungserfahrung
  • Managementkompetenzen

Projektmanager

  • Logistik des Freiwilligenprogramms
  • Qualitätskontrolle

Hilfskräfte

  • Fahrer
  • Personal in Volunteer-Häusern

Fachkräfte als Anleitung für die Freiwilligen

  • Bei Freiwilligenorganisationen eher selten
  • Fachkompetenz: Pädagogen für Unterrichtsprojekte, Sozialarbeiter in der Kinder- und Jugendhilfe, Biologen in Artenschutz-Projekten etc.
  • Ausbildungs- / Lehrerfahrung

Sprachkenntnisse

  • Sehr gutes bis fließendes Englisch (viele Empfangsorganisationen arbeiten mit Entsendeorganisationen aus mehreren Ländern zusammen)
  • Deutsch-Kenntnisse sind eine wertvolle Zusatzqualifikation, können mangelnde Englischkenntnisse jedoch nur selten aufwiegen

Entwicklungspolitisches Fachwissen ist nicht bei allen Freiwilligenorganisationen zwingend notwendig. Viele Organisationen sehen sich in erster Linie als Dienstleister für die Aufnahmeprojekte und ihre Kompetenz liegt vor allem darin, effizient zwischen Freiwilligen und Projekten zu vermitteln. Die fachliche Kompetenz für den Freiwilligeneinsatz selbst bringen vor allem die Aufnahmeprojekte mit. Je mehr sich die Organisation auch als Fachorganisation versteht, umso wichtiger wird Fachkompetenz in der Stellenausschreibung.

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Frank Seidel

Frank Seidel ist der Gründer von www.wegweiser-freiwilligenarbeit.com, dem unabhängigen Portal für flexible und sinnvolle Freiwilligenarbeit im Ausland. Seit er 1991 selbst ein Praktikum in einem Naturschutzgebiet in Südfrankreich machte, beschäftigt er sich mit freiwilligem Engagement weit ab der Heimat, in der Vergangenheit auch als Autor des Buches "Jobben für Natur und Umwelt" oder als Marketing-Direktor einer weltweit agierenden Freiwilligenorganisation.

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