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Zum Tode Karlheinz Böhms: was ein Auslands-Aufenthalt bewegen kann

13344_Ronnie_Zimmermann tatkräftig Mit großer Trauer erfuhren wir heute vom Tode des Schauspielers und Kämpfers für Gerechtigkeit Karlheinz Böhm. Als Gründer der Hilfsorganisation Menschen für Menschen verkörperte er das enorme Potenzial, das ein Ausland-Aufenthalt in einem Entwicklungsland allgemein und Freiwilligenarbeit im Besonderen hat. Obwohl er wegen gesundheitlicher Probleme schon seit vielen Jahren kaum noch am öffentlichen Leben teilnahm, war er deswegen bei wegweiser-freiwilligenarbeit.com häufig in unseren Gedanken präsent. Sein Beispiel zeigt, dass man sich nicht von denen, die zu Hause im Fernseh-Sessel sitzen bleiben, erklären lassen sollte, warum Engagement so sinnlos ist oder warum man den Preis des Flugtickets besser spenden sollte.

Karlheinz Böhm war ein Schauspieler. Dann veränderte ein Aufenthalt in Äthiopien sein Leben.

wetten dassBis zu einem bedeutungsschweren Samstagabend im Jahre 1981 war Karlheinz Böhm für die meisten vor allem Romy Schneiders Dialog-Partner in diversen Sissi-Filmen. Dann wettete er bei Wetten, dass..?, „dass nicht einmal ein Drittel der Zuschauer, die uns jetzt in Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland zusehen, bereit ist, nur eine Mark für die hungernden Menschen in der Sahelzone zu spenden. Und diese Wette möchte ich gern verlieren.“ Leider gewann er – die Spendenbereitschaft der im Fernseh-Sessel-Sitzenden war also nicht ausreichend – aber immerhin kamen 1,2 Mill. DM zusammen.

Jeder andere Stargast hätte es wohl dabei belassen, hätte sich nicht weiter um die Spenden gekümmert und darauf gehofft, dass schon irgendein Verein die ordnungsgemäße Verwendung abwickeln würde.

Und so wäre es wohl auch gekommen, wenn Karlheinz Böhm zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch einen Auslandsaufenthalt eine Beziehung zu Ostafrika aufgebaut hätte. Als Erinnerung: das entwicklungspolitische Lernen und der Beziehungs-Aufbau zum Gastland ist für uns bei wegweiser-freiwilligenarbeit.com der Hauptnutzen internationaler Freiwilligenarbeit.

Auslands-Aufenthalt Nr. 1: Kenia

Böhms Wette flog ihm nicht einfach so zu. 1976 wurde er zum ersten Mal mit der Armut in Afrika konfrontiert. Nicht in den Medien, sondern während eines Auslandsaufenthaltes, während dessen er über seinen Hotel-Tellerrand hinaus blickte. Um einen Bronchialkatarrh auszukurieren, empfahlen ihm die Ärzte einen Aufenthalt in Kenia. Dort ließ er sich von einem einheimischen Hotel-Angestellten die Kehrseite der Luxusfassade zeigen. Karlheinz Böhm sah die Hütte des Hotel-Angestellten, erfuhr, dass die Einheimischen sich nur den Kopf eines Fisches leisten konnten, und war erschüttert. Er konnte sich mit der Armut nicht abfinden und beschloss, in Afrika zu helfen. Ohne eine konkrete Verbindung von Mensch zu Mensch, wie sie nur eine persönliche Begegnung erzeugen kann, hätte es die Fernseh-Wette wohl nie gegeben.

Auslands-Aufenthalt Nr. 2: der unqualifizierte Österreicher belässt es nicht bei einem Besuch

Ohne sein Erlebnis in Kenia wäre es wohl auch nicht zu seinem zweiten Afrika-Besuch gekommen, der wirklich sein Leben und das Leben vieler Afrikaner veränderte. Denn Böhm flog selbst nach Äthiopien, um sich ein besseres Bild vor Ort zu machen und die sachgerechte Benutzung der Spendengelder sicher zu stellen.

Zu diesem Zeitpunkt verfügte er wohl kaum über nützliches Fachwissen in der Entwicklungszusammenarbeit und war in erster Linie von der Lust zu helfen motiviert und dem Wunsch mehr über das Leben der Menschen zu erfahren. Damit ähnelte sein Profil dem der meisten Freiwilligen, die im Rahmen eines geregelten Freiwilligendienstes oder flexibler Freiwilligenarbeit in ferne Länder reisen.

Karlheinz Böhm mit Mutter Theresa

Karlheinz Böhm mit Mutter Theresa

Wegen der starken Eindrücke, die er während seiner zwei Kurzaufenthalte in Afrika gewann, entschloss sich Karlheinz Böhm dazu, sein Engagement auch nach seiner Rückkehr in die Heimat fortzusetzen! Nur Wochen danach gründete er die Organisation Menschen für Menschen.

30 Jahre später sind aus dem Wetterlös 415 Mio Euro geworden. Die Bilanz von Menschen für Menschen ist beeindruckend. Für sein herausragendes Engagement in Äthiopien erhielt Karlheinz Böhm zahlreiche Würdigungen. Die Bundesrepublik Deutschland zeichnete ihn 2001 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz am Bande aus. Der äthiopische Premierminister Meles Zenawi würdigte seinen Einsatz im Oktober 2003 mit der Verleihung der ersten Ehrenstaatsbürgerschaft seines Landes.

Freiwillige: tretet in Karlheinz Böhms Fußstapfen!

Wohl kaum ein Volunteer, der sich vielleicht in diesem Sommer nach Afrika, Asien oder Lateinamerika aufmacht, wird sich je mit Böhms Lebenswerk messen können, aber trotzdem zeigt uns sein Werdegang das Wirkungs-Potenzial eines Auslands-Aufenthalts.

Denn das, was wir hautnah und mit allen Sinnen erleben, hat auf uns einen viel größeren Einfluss, als Zeitungsartikel oder Fernsehbeiträge, deren Wirkung häufig hinter der Netzhaut aufhört. Direkte Erlebnisse vor Ort, das Zusammenleben und –arbeiten mit normalen Menschen hat die Chance bleibende Spuren zu hinterlassen, die zu nachhaltigem Engagement auch nach der Rückkehr führen. Es ist kaum vorstellbar, dass Böhm zu einer herausragenden Persönlichkeit der Entwicklungszusammenarbeit geworden wäre, wenn er nicht selbst Zeit in Kenia und Äthiopien verbracht hätte.

Lasst euch nicht von denen, die zu Hause im Fernseh-Sessel sitzen bleiben, erklären, warum euer Engagement so sinnlos ist oder warum ihr den Preis eures Flugtickets besser spenden solltet.

Deswegen darf man den Sinn internationaler Freiwilligenarbeit nicht nur auf die direkten Ergebnisse während eines ersten Projektes beschränken. Genauso wenig wie man Volunteering nur qualifizierten Personen zugestehen sollte.

Liebe Freiwillige, lasst euch nicht von denen, die zu Hause im Fernseh-Sessel sitzen bleiben, erklären, warum euer Engagement so sinnlos ist oder warum ihr den Preis eures Flugtickets besser spenden solltet.

Aber seht euren Aufenthalt in eurem Zielland auch bitte nicht als Endzweck eures freiwilligen Engagements an, sondern benutzt eure Zeit vor Ort zum Lernen, sammelt Eindrücke, knüpft Kontakte zu anderen. Wenn Ihr dann nach eurer Rückkehr das Engagement fortführt, hat euer Freiwilligen-Projekt Sinn gemacht.

Und bevor ihr jetzt auszieht, den Grundstock für euer eigenes Lebenswerk zu legen, könnt ihr auch noch postum Karlheinz Böhm eure Referenz erweisen, indem ihr für Menschen für Menschen spendet.

Vielen Dank Karlheinz Böhm, dass Sie nach der Wette beharrlich weiter gemacht haben!

 

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Menschen für Menschen!

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Frank Seidel

Frank Seidel ist der Gründer von www.wegweiser-freiwilligenarbeit.com, dem unabhängigen Portal für flexible und sinnvolle Freiwilligenarbeit im Ausland. Seit er 1991 selbst ein Praktikum in einem Naturschutzgebiet in Südfrankreich machte, beschäftigt er sich mit freiwilligem Engagement weit ab der Heimat, in der Vergangenheit auch als Autor des Buches "Jobben für Natur und Umwelt" oder als Marketing-Direktor einer weltweit agierenden Freiwilligenorganisation.

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